Zum 95. Geburtstag von Anne Frank
Verfolgung, Flucht und Leben im Versteck – das Tagebuch der Anne Frank ist ein literarisches, historisch bedeutendes Vermächtnis. Mit einem eigentlich unbedarften und dennoch sehr reflektierten Blick vertraut Anne der für sie wichtigsten imaginären Freundin Kitty ihre Fluchterfahrungen und späteren Geschehnisse im Versteck an. Kitty ist hierbei keine klassische Freundin, mit der man sich trifft, Eis essen geht oder spielt. Sie ist ein Tagebuch, welches bis heute eines der wenigen Zeugnisse einer Zeit ist, in der der Glaube an Jahwe schier sechs Millionen Mal das Todesurteil bedeutete.
Gerade in einer Zeit, in welcher der Weltfriede bröckchenweise aus den Fugen gerät, werden im Fremden und im Anderen eher die Schuld gesucht, statt die Perspektive des Gegenüber sehen und hören zu wollen. Migrationsbewegungen sind spätestens seit 2014/2015 wieder unentwegt zu beobachten, nicht zuletzt aus Gründen von Angst, Hass, Bedrohung und Verfolgung. Jeder Blick in die Vergangenheit lohnt sich, um in der Gegenwart Entscheidungen vermeiden zu können, die sich in der Zukunft als damals richtungsweisende Fehler herausstellen.
Erinnerungskultur sollte mehr sein, als ein Ausflug, etwas anderes, gar Exotisches begutachten zu wollen müssen. Aus diesem Grund wurde an unserer Gemeinschaftsschule Bertolt Brecht die Entscheidung getroffen, die Erinnerung an Anne Frank nicht als etwas einmaliges Besonderes an einem Projekttag zu thematisieren, sondern durch eine materialgestützte Textanalyse im Deutschunterricht Anne Frank mit ihren vielen verschiedenen Fassetten fragmentarisch wieder zum Leben zu erwecken. Grundlage bilden hierbei die vielfältigen, didaktisch sehr gut aufbereiteten Materialien, wie Plakate, Zeitungsseiten oder aber auch Postkarten der Anne Frank Gesellschaft.
Das Medium Tagebuch, ein zunehmend in Anwesenheit von TikTok, Instagram und Co, in Vergessenheit geratenes Mittel, Gedanken, Empfindungen und Erlebnisse aufzuschreiben, spielt hierbei das zentrale Element. Ein Mädchen, wie sie auch heute in jeder Klasse hätte sitzen können, spiegelt das entsetzliche Erleben in frühjugendlicher Sprache analysierend wider, mit einer Gabe, die den Erwachsenen scheinbar mehr und mehr verloren geht – einem positiven Blick nach vorn. (S. Messinger)
Zu den Stunden der 5. Klassen war ein Team des MDR bei uns! (Bilder C. Maaß)
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