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Alle Jahre wieder … bricht in unserer Familie das Weihnachtsfieber aus. Und das geht eigentlich schon Mitte November los. Papa rüstet unser Haus mit den 177 265 Glühlämpchen ein, denn er will den Wettbewerb um das schönste Weihnachtshaus in unserer Straße gewinnen. Ich glaube, in diesem Jahr wird er sich wohl mit dem zweiten Platz zufrieden geben müssen, denn die Speckmanns, unsere Nachbarn, kriegen über die Feiertage Besuch von ihren Verwandten aus den USA und die sollen sich doch wie zu Hause fühlen. Also hat Speckis Vater aufgerüstet auf 644 731 Lämpchen, vier blinkende Weihnachtsmänner im Vorgarten, dazu Rentiere, Wichtel, Elfen, eine riesige Krippe mit beweglichen Figuren und drei nickende Christkinder. Im Angesicht solcher „Pracht“ musste Papa einfach aufgeben. Und der Rest unserer Familie ist ihm sehr dankbar dafür. Mama nennt das Kunstwerk unserer Nachbarn eine Kasperbude und selbst unsere Omma meinte, sie hätte noch nie so viel Kitsch auf einem Haufen gesehen. Einen solchen hat unser Familienhund Hasso gestern mitten in die künstlerisch wertvolle Weihnachtskrippe der Speckmanns gelegt. Das war natürlich nicht nett von ihm, aber der Hund hat eben auch Geschmack. Natürlich hab ich alles schnell entfernt. Das Speckmann-Haus sieht so scheußlich aus, aber die USA-Verwandtschaft wird sich sauwohl fühlen.
Omma verbarrikadiert sich ab Mitte November immer in der Küche. Obwohl es überall Stollen zu kaufen gibt, gehört für sie zu Weihnachten die selbstgebackene Stolle. Die Mama hat mir erzählt, dass früher die Stollen immer in die Pakete für die liebe Westverwandtschaft kamen und dazu die wertvolle erzgebirgische Volkskunst. Dafür verschickten die verwandten Bundesbürger solche hochwertigen Dinge wie Backpulver, Margarine, Feinstrumpfhosen, Schokolade, Kaffee, über die sich die Ostverwandten wahnsinnig freuten. Den Tausch fand ich doch sehr ungerecht, aber die Mama hat mich belehrt, warum sie sich damals über solche Dinge freuen konnten. Papas Schwester, die Tante Wally aus Wuppertal, freut sich auch heute noch über die grandiose Stolle von Omma, weil es eben in Wuppertal diese Spezial-Omma-Stolle nicht gibt und die Wally sowieso nicht backen kann. Ich bin überhaupt nicht scharf auf ein Geschenk von Tante Wally. Doch! Das schönste Geschenk wäre, wenn die Tante und ihre nervige Tochter uns zu Weihnachten nicht besuchen würden. Aber das ist in diesem Jahr leider noch nicht entschieden.
Die jährliche Jagd auf den schönsten Weihnachtsbaum gehört natürlich auch zum Weihnachtsstress. Papa steht meist auf Selberschlagen. Da muss ich dann immer mit und die stundenlange Suche in der eiskalten Botanik ist echt ätzend. Dort gibt es zwar meistens Glühwein, der ein bisschen einheizt, aber ich bekomme ja immer nur die Kindervariante.
In meiner Schule wird wie bei euch fleißig für die Weihnachtsaufführung geprobt. In diesem Jahr spielen wir das Stück „Weihnachten bei Familie Krawunder“. Da geht es um den ganz normalen Weihnachtswahnsinn. Mieps und ich waren auch beim Casting und wir dürfen zwei Familienmitglieder spielen. Ich bin der Sohn Kevin Krawunder, der Weihnachten am liebsten abschaffen will. Mieps spielt den Onkel Jochen Krawunder, der sich Weihnachten immer bei seiner Familie durchfrisst. Ich finde das Stück toll, denn die zierliche Tabea Surbier aus der Parallelklasse spielt meine Schwester Priscilla Krawunder, die total auf Weihnachten steht und sich deswegen mit Kevin (also mit mir) ständig in die Wolle kriegt. Und wer sich außerdem noch mit wem wegen Weihnachten in die Wolle kriegt, zeigt unser Stück. Am Schluss der Handlung sitzt aber die Familie Krawunder ganz friedlich vor dem Fernseher und schaut den Weihnachtsfilm. Welchen? Das ist aber eine komische Frage! Natürlich „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“!!
Euch wünsche ich viel Spaß beim gleichnamigen Theaterstück und
ein frohes Weihnachtsfest!